Februar 2, 2025

6 thoughts on “Frauen und Gender

  1. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Artikel. Wie alle Ihre Artikel ist er schlüssig geschrieben und ich lese deshalb auch gerne längere Beiträge von Ihnen.
    Ich muß gestehen, dass ich mit den Begriffen „Gender“ oder „Gender Mainstreaming“ nichts anfangen kann. Ich war in einem Ministerium für Organisation zuständig und in dieser Funktion hatte ich auch so genannte Erlasse (das sind Weisungen/Rundschreiben an alle Mitarbeiter) zu prüfen. In so einem Erlass ging es um die Beachtung von „Gender Mainstreaming“im Ministerium. Ich habe daraufhin mehrere Kolleginnen und Kollegen angefrufen und sie gefragt, was der Begriff bedeutet. Niemand konnte mir eine schlüssige Antwort geben. Ich habe deshalb verlangt, dass der Erlass nur abgehen kann, wenn eingangs der Begriff per Definition erläutert wird.
    Ich mag diese Begriffe nicht, weil sie Modebegriffe sind und nur von denen beachtet werden, die sich ohnehin für Gleichberechtigung einsetzen. Warum können wir nicht einfach von Geschlechtergerechtigkeit, Frauenförderung oder ähnlichem sprechen.
    Jeder weiß heute, dass viele Deutsche z.B. in der Werbung viele Begriffe nicht verstehen. Es gibt zahlreiche englisch klingende Wörter die in der englischen Sprache nicht oder anders vorkommen. Aber das ist eine andere Geschichte.

    Fast überall in Afrika sind Frauen benachteiligt. (Ausnahme Ruanda. Dort sind Frauen im Parlament, Justiz usw. in der Mehrzahl. Und die dortige Frauenpower sorgt dafür, dass Ruanda sich besser als andere Staaten in Afrika entwickelt. Sie sind für den Aufschwung in diesem Land zum großen Teil verantwortlich) Das fängt mit den schlechteren Chancen in der Bildung an. Sie schreiben richtig: die Geber müssen das durchsetzen. Frauen müssen massiv gefördert werden.
    Die alte Männer Riege zieht alle Register der Volksbeeinflussung, spielt die ethnische Karte, um sich so lange wie möglich an der Macht zu halten. Dazu dient ihr nicht zuletzt das Geld, das in den Jahren absoluter Staatsführung anhäufte und die Droge staatlicher Entwicklungshilfe. Die männlichen Eliten Afrikas lösen die Versprechen an die Geberländer nur halbherzig, unzureichend oder gar nicht ein. Man sollte den Frauen eine Chance geben, es besser zu machen.
    Volker Seitz

    1. Lieber Herr Seitz,
      mit dem ersten Teil Ihres Kommentars bin ich absolut einverstanden. Modebegriffe sind gefaehrlich, vor allem, wenn jeder diese anders interpretiert. Man sollte lieber Begriffe wie „Frauenfoerderung“ oder „Geschlechtergleichstellung“ verwenden, die weniger Interpretationsspielraum zulassen.

      Mit dem zweiten Teil des Kommentars, das Geber sich durchsetzen „muessen“, haben Sie wahrscheinlich meinen Artikel anders gelesen, als meine Intention gewesen ist. Gerade dieses Durchsetzen eigener Ideen halte ich fuer ziemlich gefaehrlich und recht oft, so beobachte ich das hier, geht es nach hinten los. Frauenpower gut und richtig, aber ich bin mir nicht sicher, wohin sich eine Volkswirtschaft entwickeln wird, wenn sich die Geber weiterhin durchsetzen und (so wie der Trend den Eindruck macht) die Mehrheit der Fuehrungskraefte und gebildeten Schichten Frauen sein werden.

      In Entwicklungshilfe wird viel rumexperemtiert, ohne dass man genau weiss, wohin es hinfuehrt. Oftmals betrifft es ganze Volkswirtschaften, die von massiven Veraenderungsprozessen betroffen sind und oft stehen keine bzw. unzureichende Erfahrungen, und auch keine wissenschaftlichen Analysen dahinter, wie eine Volkswirtschaft auf die Veraenderung reagieren wird.

  2. Sie haben ja recht mit dem „Durchsetzen“ muß man sehr vorsichtig sein. Ich glaube aber, dass mann/frau als Geber z.B. Menschenrechte durchsetzen muß. Haben Sie schon einmal jemanden in einem afrikanischen Gefängnis besucht? Tausende Menschen fristen ihr Dasein dort ohne Prozess. Auch das Recht auf Bildung für Frauen könnte man als Menschenrecht einstufen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass afrikanische Politiker mich sehr viel ernster genommen haben, wenn ich mich deutlich über derartige Fragen auch öffentlich geäußert habe. Die Zustimmung aus der sogenannten Zivilgesellschaft hat mir Recht gegeben. Die Frauen haben nur wenig Lobby. Auch bei uns steht Frauenförderung in allen Hochglanzbroschüren der Entwicklungspolitik. Aber es geschieh zu wenig. Natürlich müsen wir durch eigene Glaubwürdigkeit und eigenes Vorbild überzeugen. Gerade weil unser Verständnis von Menschenrechten und der Frauenförderung in vielen Ländern anders gesehen wird.

    1. Bei uns in Deutschland steht Frauenförderung in allen Hochglanzbroschüren, aber was in der Praxis geschieht, ist eine ganz andere Geschichte. Man muss sich doch nur mal umsehen und Statistiken lesen, wieviele Frauen tatsaechlich in Fuehrungspositionen sind und wieviele Frauen dasselbe Einkommen fuer gleiche Arbeit erhalten wie Maenner, usw.. Hier in Uganda sind es keine Hochglanzbroschueren, die fuer Frauenfoerderung stehen, aber ich beobachte, dass in der Praxis insbesondere Frauen von allen Gebernationen gefoerdert werden. Ich kann nicht sagen, dass da zu wenig geschieht, eher zu viel, und auf Kosten eines Gleichgewichts.

      Wo bleibt denn aber das eigene Vorbild in Deutschland, welches unsere eigene Glaubwürdigkeit bezeugen sollte? Warum ist es uns Deutschland bis heute nicht gelungen, Gleichberechtigung in allen Ebenen durchzusetzen?

      Die Gebernationen setzen hier in Afrika eine Idealvorstellung (Modell) um, fuer welche es in keiner der entwickelten Volkswirtschaften ein funktionierendes Vorbild gibt. Zweifellos stehen gute Intentionen dahinter, ich will Menschenrechte keinesfalls in Frage stellen, aber auch der Sozialismus war eine gute Intention, wenn ich mal an unsere eigene deutsche Geschichte erinnern darf.

  3. Hervorragender Artikel… Das Geheimnis starker Frauen (Stern Nr. 46, 5.11.2009)… Kann leider keinen Volltext im Internet finden, absolut lesenswert.
    „… Sie sind selbstbewusster, ihr Rollenverständnis ist unverkrampfter. 20 Jahre nach dem Mauerfall sind viele ostdeutsche Frauen da, wo die Schwestern im Westen hinwollen…“

  4. „das fuer mich wirklich unerwartete Ergebnis waren ca. 50% mehr Maedchen als Jungen in Berufsschulen. Ich werde das Ergebnis auf jeden Fall noch dieses Jahr validieren.

    Erklaerung dafuer koennte sein, dass die meisten Schulen von auslaendischen Donororganisationen abhaengen und die meisten Programme konzentrieren sich auf „valnurable children“, zu denen insbesondere Maedchen zaehlen. “

    danke dass du die antwort gleich selber gegeben hast. ich war nämlich zuerst gerade total baff, ich habe im hinterland beim unterrichten genau das gegenteil erlebt. je älter die schüler, desto weniger mädchen. und wenn die prüfungen vorbei sind fast gar keine mädchen mehr.

    das mit dem durchsetzen durch internationale organisationen ist glaube ich jedoch nicht mehr so nötig wie auch schon. die ugander sind selber schon ziemlich geimpft damit. und viele empfinden es aber auch als benachteiligung! (womit sie durchaus recht haben manchmal)

    in unserer kleinen ugandischen organisation werden die frauen und mädchen ebenfalls explizit erwähnt. als dies nach vier jahren als ich zu ihnen dazustiess wieder einmal diskussionsstoff war habe ich einfach gesagt dass sie ja auch vulnerable children and adults als zielgruppe aufzählen, das schliesse ja wohl beide geschlechter mit ein. damit waren dann bereits wieder alle zufrieden.

    an Herr Seitz: auch in uganda gibt es einige frauen in der politik! dieses jahr ja sogar eine präsidentschaftskandidatin. die mehrheit stellen sie wohl noch nicht. aber das muss ja auch nicht sein. also ich mache mir kaum mehr sorgen über die chancen der frauen in ugandas mittel- und oberschicht als ich es mir in europa machen würde. klar gibt es männer die das anders sehen, aber die müssen ja dann nicht genau diese frauen heiraten die mehr wollen. das ist ja bei uns genau so.
    andererseits haben selbst in schwierigeren kreisen ugandische frauen durchaus was zu sagen wenn sie sich geschickt einsetzen.
    dank meiner schwiegermama haben wir nach zwei wochen warten auf der polizeistation dann doch noch blitzschnell bekommen was wir wollten. der herr hatte respekt vor ihr, wohl weil sie in der frauengruppe der gemeinde eine gute stellung hat.

    das uns vorschwebende bild der schwachen, ausgenutzten ehefrau die kaum aus dem haus kommt und schon gar nichts zu sagen hat, passt selbst in den ländlichsten gebieten lange nicht immer.

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